Passionebici – die Liebe zu Vintage-Rädern
Seit einigen Jahren erleben wir einen Boom des Fahrrads, sei es als Transportmittel im urbanen Raum oder als Sportgerät für die Freizeit. Viele finden im Radsport einen Ausgleich zum Beruf, Entspannung in der Natur, Erhaltung der Gesundheit. Es gibt aber auch noch eine andere Welt – die der klassischen Rennräder und ihrer Restauratoren. Ein Porträt.
Betritt man den Velokeller von Robi weiss man sofort: Da ist ein Kenner und Könner am Werk. Zahlreiche Stahlrenner traditioneller Marken aus den 70er- bis und mit 90er-Jahren wie Colnago, Carrera, Bianchi, Chesini, Allegro, Fredy Rüegg, Denti stehen sorgfältig aufgereiht und repräsentieren nicht nur Handwerkskunst, sondern auch den Radsport mit unvergessenen Fahrern und Höhepunkten.
Robi benutzte schon als kleiner Bub ein Velo. Er fuhr damit in die Schule, später ins Handball-Training, er verbrachte seine Freizeit auf dem Sattel und erlebte manches Abenteuer. Natürlich gehörten Defekte und Schäden zu seinen Erfahrungen. Genau das aber weckte als Teenager seine Neugierde und seinen Ehrgeiz. Er wollte eigenhändig Velos flicken. Seine Methode war nach dem Prinzip „Do it“. Er pröbelte, tüftelte, las viel, sprach mit Leuten, die sich auskannten, versuchte wieder….
Er beschaffte sich damals sein Material von einem Veloladen in
Zürich-Oerlikon. Während seiner Schulzeit verbrachte er regelmässig ganze Nachmittage beim Velo- und Töffli-Flicken.
„Ich war in meinem Element
als Schrauber“
Beim Finden seiner „Objekte der Begierde“ bestätigt sich immer wieder, dass Velofahren eine Leidenschaft ist, welche die Menschen in Kontakt bringt und Freundschaften entstehen lässt. Diese waren denn oft auch Türöffner für das Beschaffen von weiteren Trouvaillen. Sein jahrelanger geschulter Blick ermöglicht ihm ein schnelles Erkennen, ob sich eine Restaurierung lohnt.
„Ich bin Ästhet und habe einen
Anspruch auf Perfektion“
Robi verfügt über ein gutes Netzwerk, so findet er auch immer die benötigten Ersatzteile. Das Internet hat viel dazu beigetragen, dass die Recherchen einfacher werden. „Man hat so seine Quellen…“. Will er aber sichergehen, fährt er schon mal ins Ausland, um die Ware zu begutachten. Da die Freaks ihre Kontakte pflegen, finden öfters auch Tauschhandel statt. Man hat in seinem Fundus vielleicht ein Teil, das man gerne eintauschen möchte gegen ein anderes, begehrteres.
In seinem Velokeller verbringt er viele Stunden. Neben den aufgereihten Vintage-Velos hängen auch Velocollé, Lenker und Radsätze verschiedenster Herkunft. Viele Ersatzteile lagern sauber geordnet und einsatzbereit.
„Das war meine Freizeitbeschäftigung, das machte mich zufrieden und glücklich!“ Mit seinem Können konnte sich Robi auch ein Taschengeld verdienen; das Geld reinvestierte er in Material.
Sein erstes Rennvelo war ein gelbes Motobécane mit einer Shimano 600 Arabesque. Er fand es verlassen an einem Strassenrand. Als sich nach einer gewissen Zeit niemand bei der Polizei als Besitzer meldete, durfte er es behalten. Motobécane war neben Peugeot einer der bekanntesten französischen Zweiradhersteller und einer der grössten in Europa.
Mit der Zeit entwickelte Robi seine Technik immer mehr und verlegte sein Hobby fokussiert auf die Restaurierung von alten Fahrrädern der Epoche von 1975-1993. Er spezialisierte sich auf Fahrräder aus Stahl mit Komponenten der Traditionsmarken Campagnolo oder Shimano. Er restauriert strikt nach dem Original. Anfänglich liess er gewisse Arbeiten noch extern machen, mit der Zeit eignete er sich das nötige Wissen an und macht heute die meisten Arbeiten in Eigenregie.
Einzig bei Lackierungen und bei ungewöhnlichen Ledersätteln zum Beispiel arbeitet er mit Spezialisten zusammen. Das ist nötig: „Ich bin Ästhet und habe einen Anspruch auf Perfektion“.
Von je her legt er auch Wert auf qualitativ gute Werkzeuge. „Gutes Handwerkszeug ist enorm wichtig, ich bin da anspruchsvoll“. Seine Passion ist zeitintensiv, aber er wollte sie nie zu einer Profession machen. Unabhängig zu bleiben und sein Hobby selbsttragend auszuführen, ist seine Haltung.
„Ich bin ein absoluter Genussfahrer“
Fährt er seine restaurierten Räder auch selber? Ja natürlich! Er fährt heute noch ein Carrera Podium, das er 1993 von einem Velohändler günstig erwerben konnte. Rennradfahrer wie Marco Pantani oder der Schweizer Urs Zimmermann gewannen auf einem Carrera Podium. „Sein“ Carrera würde er nie hergeben, ebenso wenig wie das passende Trikot dazu.
Obwohl er mal bei den Elite Amateuren trainierte, war er nicht der ambitionierte Radrennfahrer, der sich eine Zukunft im aktiven Radsport vorstellen konnte, da es zeitaufwendig und teuer war.
„Ich bin ein absoluter Genussfahrer“. Wann immer er Zeit findet, nimmt er ein Rad und macht eine Ausfahrt. Die Teilnahme an einer Tour d’Alba im Vorarlberg war der passende Rahmen dazu. Dort dürfen nur Teilnehmer mit einem vor 1987 gebauten Stahlrennrad starten. Nostalgie pur! Dieses Vintage-Radrennen ist einer der jüngeren Ableger der bekanntesten, erstmals 1997 durchgeführten Radrundfahrt L’Eroica in der Toskana.
Da bleibt noch die Frage: Was ist seine Vision?
Er möchte einmal ein kleines Atelier, wo seine Retro-Räder zur Geltung kommen und wo er auch Trikots, Bücher, Bilder und Kuriositäten ausstellen kann. Ein Treffpunkt für Liebhaber italienischer Velokultur – und erst noch einen echt italienischen Espresso dazu! Und da zeigt sie sich wieder – die Leidenschaft, die ihn wie schon als Jugendlichen glücklich macht!
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