Verhängnis Schlüsselbeinbruch: eine Schilderung vom Unfall über Therapie und Rückkehr auf die Strasse
Im Februar 2019 hatte es mich erwischt:
Durch ein Ungeschick brach zum ersten Mal mein Schlüsselbein und ich möchte die Reise zur Genesung mit den wichtigsten Erkenntnissen mit euch teilen.
Der Unfall
Ich hatte das „Glück“, dass ich nicht mit dem Velo verunfallte, sondern harmlos auf Glatteis ausgerutscht und gestürzt bin. Zunächst unterschätzte ich diesen Sturz und nahm an, nur einen Schock zu haben und die Schmerzen in den nächsten Minuten sicher vergehen würden. Da der Schmerz jedoch anhielt und ich mich daran erinnerte, wie der Arzt bei einem Kollegen eine erste Untersuchung vorgenommen hatte, stellte ich mich nun also selbst vor einen Spiegel und startete die Selbstuntersuchung:
Die Diagnose
Das Schlüsselbein ist ein beidseitig ausgebildeter Röhrenknochen des Schultergürtels und verbindet das Brustbein mit dem Schulterblatt. Da es sehr markant positioniert ist, werden Fehlstellungen und Brüche schnell und einfach ertastet oder sichtbar. So auch in meinem Fall. Ich habe zunächst beide Schultern verglichen und eine Wölbung auf der linken (Sturz-)Seite beobachten können. Über diese Wölbung habe ich langsam mit den Fingern getastet und dann wurde mir leicht übel = das Fazit: der Knochen ist nicht mehr durchgängig und wird wohl gebrochen sein.
Somit war die Konsequenz der Gang ins Spital, wo eine Röntgenaufnahme vorgenommen wurde. Diese bestätigte eine Klavikulafraktur (Schlüsselbeinbruch) und da der leitende Arzt nicht vor Ort war, sollte ich am nächsten Morgen von ihm erfahren, wie es weitergehen würde.
Die Behandlung
Das Spital rief mich also am nächsten Tag an und teilte mir mit, man könne mich am Folgetag operieren. Eine konkrete Beratung sei erst dann möglich, ich müsse mich aber entscheiden, ob ich dem Angebot einer sofortigen OP nachkommen wolle. Anmerken möchte ich, dass ich mich in einem Skigebiet befand und die Vorgehensweise für die Behandlung darauf schliesst, dass man mich als Patient gerne dort behalten wollte. Das Angebot für eine sofortige Operation hatte somit einen unternehmerischen Hintergrund, wäre ich ja sonst ein verlorener Patient.
Der Service des Spitals war einwandfrei, jedoch enttäuschte mich die Vorgehensweise, ging man ja gar nicht auf die Möglichkeit einer konservativen und deutlich günstigeren Therapie ein. Meine Kollegen rieten von einer Operation ab, denn eine konservative Behandlung sei aus vielen Gründen immer der Vorzug. Getreu dem Motto „gut Ding hat Weile“ entschied ich mich schliesslich, dem Rat von Urs zu folgen: die Spezialisten in der ArthroseClinic im Bethanien in Zürich aufzusuchen.
Dr. Schmied begutachtete die Röntgenbilder und meine Schulter und kam sehr schnell zur Empfehlung: der Bruch ist einfach und wenig komplex, sodass von einer Operation derzeit abzuraten ist. Konservative Heilung ist eine deutlich schnellere und schonendere Variante.
Die Vorteile im Überblick:
• Keine Operation, welche den Körper unnötig belastet. Vollnarkose und der Eingriff selbst fordern dem Körper einiges ab. Darüber hinaus ist zu beachten, dass es sich nicht um eine einmalige Operation handelt. Die einzusetzende Platte muss wieder entfernt werden, sodass du zweimal in den Operationssaal geschoben wirst.
• Zeitersparnis: neben zwei Operationen sparst du dir auch die damit verbundenen Umstände wie Spitalaufenthalt, Narbenbehandlung, Krankmeldung, zweimal Physiotherapie und Muskelaufbau uvm.
• Komplikationen: man kann nicht davon ausgehen, dass eine eingesetzte Platte einwandfrei vom Körper angenommen wird. Ich selbst hatte eine Platte mit Schrauben bei einem Armbruch und hatte stets Einschränkungen. Auch gibt es viele Erfahrungen bei Platten am Schlüsselbein, welche die Bewegungsfreiheit einschränken und ein Unwohlsein beim Patienten hinterlassen.
• Kosten: Unfälle werden zwar bezahlt, jedoch geht es hier auch um gesellschaftliche Verantwortung. Warum einer unnötige Operation zustimmen, wenn es so viele Vorteile für eine konservative Behandlung gibt?
Die konservative Therapie in Kürze:
Bei 98 Prozent aller Schlüsselbeinbrüche (Quelle: beobachter.ch) ist eine konservative Therapie möglich, wenn weder Blutgefässe noch Nerven verletzt sind. In wenigen Fällen ist dies jedoch der Fall und auch bei komplizierten Brüchen oder grösserer Dislokation (Knochen verschoben) sollten operiert werden, sodass eine konservative Therapie die Heilungsdauer verlängern und verkomplizieren würde.
Mögliche Hilfsmittel bei der konservativen Therapie sind neben der klassischen Armschlinge auch eine orthopädische Weste oder ein Rucksackverband, welcher das gebrochene Schlüsselbein vollständig ruhig stellt. Ich empfehle zumindest eine Weste, da meiner Ansicht nach die Armschlinge zwar sehr viel Freiraum bietet, dies aber auch gefährlich im Alltag ist: zu wenig sichtbar entsteht die Gefahr, dass Passanten keine Rücksicht nehmen; und zu wenig fixiert besteht die Gefahr, dass der Arm aus Reflex bewegt und somit der Bruch verschoben wird.
Interessant zu wissen:
Warum bricht das Schlüsselbein so schnell? Tauscht man sich mit Sportlern, insbesondere Velofahrern aus, so fällt auf, dass jeder Zweite bereits einen Bruch hinter sich hat. Mein Arzt hatte dazu eine interessante Theorie:
Das Schlüsselbein ist der jüngste Knochen des Menschen. Dieser bildete sich mit dem aufrechten Gang neu aus und hat eine neue Funktion übernehmen müssen. Aus diesem Grund ist der Knochen nicht sehr stark und anfällig. Ein weiterer Grund in der „Brüchigkeit“ liegt sicher auch in seiner exponierten Lage.
Fortsetzung folgt! In einem weiteren Beitrag erzähle ich von der Physiotherapie, Genesung und Rückkehr in den Sport.