E-Bike gegen Fussgänger – was sagt das Recht?
Mit den E-Bikes kommen neue und immer zahlreichere Verkehrsteilnehmer auf die Strassen. Damit ergeben sich auch neue Fragestellungen in verkehrsrechtlicher Hinsicht. Nicht nur für die E-Bike Fahrerinnen und Fahrer selber, sondern auch für alle anderen Beteiligten.
Ein E-Bike-Rowdy hat mich umgefahren – warum zahlt die Versicherung nicht?
Bei Unfällen mit E-Bikes sind Fussgänger schlechter geschützt als bei Kollisionen mit einem Auto. Denn ein Autohalter haftet unabhängig davon, ob ihn ein Verschulden trifft – er muss für die sogenannte Betriebsgefahr einstehen, die sein Motorfahrzeug mit sich bringt. E-Bikes gelten zwar auch als Motorfahrzeuge, doch der Gesetzgeber hat die Haftung entschärft. E-Bike-Fahrer haften nur, wenn ihnen ein Fehlverhalten und damit ein Verschulden nachgewiesen werden kann. Das gilt auch für „schwere“ E-Bikes, also jene mit einer Tretunterstützung bis 45 Kilometer pro Stunde.
Bei E-Bikes ist es oft unmöglich, den Hergang des Unfalls und damit das Verschulden der Beteiligten zu eruieren. Meistens gibt es keine Bremsspuren, das Fahrzeug wird vor Eintreffen der Polizei weggeräumt, und es gibt keine Blechschäden, die Rückschlüsse ermöglichen. Wenn das Verschulden nicht beweisbar ist, verlieren die Geschädigten jegliche Ansprüche auf Schadenersatz. Dann muss auch die Versicherung des E-Bike-Fahrers nichts bezahlen.
Verschiedene Juristen und Verkehrsexperten sind der Ansicht, dass die verminderte Haftung der Realität nicht gerecht wird und E-Bikes wie Autos behandelt werden sollten. Grund ist die Physik: Auch wenn ein E-Bike „nur“ doppelt so schnell fährt wie ein normales Velo, hat es die vierfache Energie. Entsprechend länger ist der Bremsweg. Dass vermehrt Personen damit fahren, die nicht fit genug für ein normales Fahrrad sind, mindert die Gefahr auch nicht gerade.
Wo wir gerade beim Thema sind….
Der Gemeinderat Zürich hat am 21. November 2018 einstimmig ein SP-Postulat überwiesen, das einen Verzicht auf neue und den Abbau bestehender Mischverkehrsflächen auf Trottoirs (Fussgänger und Velos) verlangt. In der Frage der Umsetzung dieser Entflechtung gingen die Meinungen dann allerdings wieder weit auseinander.
Der Stadtrat Zürich hat die Praxis seiner Verkehrspolitik bereits im September 2017 geändert und den Verzicht auf Mischverkehrsflächen angekündigt.
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Quelle: Beobachter, Nr. 23 vom 9. November 2018, Rubrik Ratgeber, Nicole Müller, Fachbereich Konsum